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Was macht PR-Schaffende erfolgreich?

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Heute ist die PR-Arbeit vor allem durch digitale Kanäle und Unmengen an Daten geprägt. Hier gilt es, die Aufmerksamkeit der Verbraucher/innen zwischen den Massen von Kampagnen für sich zu gewinnen und die eigene Botschaft zu transportieren. Doch wie sah der Alltag von PR-Schaffenden noch vor der digitalen Transformation aus? Zu dieser Zeit waren die Journalisten der Schlüssel zum Kommunikationserfolg und PR-Manager/innen setzten auf Print, TV und Radio sowie Pressekonferenzen und klassische Öffentlichkeitsarbeit. Wie Thomas Dillmann, Chefredakteur des PR-Journal, diese Zeit empfunden hat und welche wertvollen Tipps er PR-Schaffenden mitgeben möchte, hat er uns exklusiv verraten:

Vor 20 Jahren warst du mitten in deiner PR-Agenturzeit. Du hast also hautnah miterlebt, wie die Branche damals gearbeitet hat und wie sie sich bis heute verändert hat. Wie hat sich damals der Arbeitsalltag für dich gestaltet? Was hat die PR ausgemacht?

Zu Beginn meiner Zeit in der PR-Branche von 1993 bis 1997 war ich in einer kleinen PR-Agentur tätig, die zu einer großen Werbegruppe gehörte. Damals war die Digitalisierung noch weit entfernt: Pressemitteilungen wurden über Dienstleister per Post oder Fax verteilt. Um uns behaupten zu können, mussten wir zunehmend größere Aufträge an Land ziehen. Das gelang uns durch den Gewinn verschiedener Etats aus Bonner Ministerien.

So konnten wir einen für uns sehr wichtigen Etat des Bundesfamilienministeriums zum Thema „Keine Gewalt gegen Kinder“ und später auch zum Thema „Keine Gewalt gegen Frauen“ gewinnen.

Ich habe in meiner PR-Zeit gelernt, dass im Vergleich zum Journalismus hier sehr viel Wert auf eine dem Kunden entsprechende Dienstleistung gelegt wird. Daher hat mich bei meiner ersten Pressemitteilung die Selbstbeweihräucherung unglaublich gestört. Das war meine Gelegenheit, allen als Journalist zu zeigen, wie es richtig geht! Habe ich zumindest gedacht.

Nichtsdestotrotz halte ich bis heute noch sehr viel davon, Pressemitteilungen so neutral wie möglich zur formulieren. Journalisten, so lautet das Ziel, sollen das angebotene Thema aufgreifen. Die Hemmschwelle dies zu tun, muss für sie daher besonders niedrig sein. Deshalb amüsieren mich heute die Pressemitteilungen, die ich in meiner Kammer des Schreckens gesammelt habe (stets köstlich), die das nicht tun und viel zu werblich und blumig sind.

Was meinen Arbeitsalltag hauptsächlich geprägt hat, war das Ziel, bei all unseren PR-Kampagnen einen tatsächlichen Mehrwert für die Empfänger zu schaffen. Deshalb haben wir nicht nur mit einer Plakatkampagne auf das Thema aufmerksam gemacht, sondern viel mehr ein gesamtes Weiterbildungskonzept für die verschiedenen Adressaten entwickelt. Außerdem war zu dieser Zeit noch „richtige“ Öffentlichkeits- und Pressearbeit an der Tagesordnung. Wir sind also durch Deutschland gereist und haben das Thema Gewalt gegen Frauen und Kinder auf verschiedensten Veranstaltungen mit zahlreichen Kooperationspartnern sowie bei Pressekonferenzen platziert und präsentiert.

Diese Liebe für Details und Kampagnen, die in die Tiefe gehen, machen für mich richtig gute PR-Arbeit aus. Dafür ist es zunächst wichtig, den richtigen Mitarbeiter oder die richtige Mitarbeiterin für ein Thema zu finden, der oder die ausreichend Expertise auf dem kommunizierten Gebiet aufweist. So steigt die Qualität der PR-Inhalte deutlich. Außerdem ist es wichtig, die richtigen Adressaten für das Thema zu identifizieren und anschließend Wege zu finden, jene anzusprechen. Diese können unkonventionell und unerwartet sein. Es lohnt sich oftmals nicht, nur die Mainstream-Kanäle für PR zu nutzen.

Was hast du während deiner Agenturzeit gelernt, das du PR-Manager/innen heute mit auf den Weg geben möchtest?

Persönliche Kontaktpflege halte ich für ausgesprochen wichtig! Meiner Meinung nach haben einige PR-Schaffende die Auffassung, dass es genügt, eine Reihe von Social-Media-Posts abzusetzen, um ein Thema in einer gewissen Zielgruppe zu platzieren. Das mag für produktorientierte Themen gegebenenfalls funktionieren. Doch für die Positionierung eines Unternehmens und dessen Imagebildung ist es nach wie vor von großer Bedeutung, die Medien für sich zu gewinnen. Dafür ist ein gutes Netzwerk aus vielen Kontakten nötig, das sich PR-Manager/innen im Laufe ihrer Karriere aufbauen und pflegen müssen.

Diese Fähigkeit der persönlichen Beziehungspflege geht meiner Meinung nach derzeit etwas verloren. Dabei kann ein charmantes, intelligentes, vielleicht sogar humorvolles Telefonat mit einem Journalisten zu weit größerem Erfolg als eine E-Mail führen. Denn so bleibt man in Erinnerung.

Was hat sich rückblickend in den vergangenen 20 Jahren in der PR-Branche am meisten verändert?

Die spürbarsten Veränderungen hat die Digitalisierung verursacht. Auch dadurch verliert die PR-Arbeit weiter an Persönlichkeit. Durch digitale Medien und Presseverteiler können viel mehr Leute erreicht werden. Außerdem gibt es mittlerweile sogar auf künstlicher Intelligenzbasierende Tools, die das Schreiben der Texte übernehmen. Deshalb werden Agenturen zunehmend aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Technik und weniger wegen der hochqualifizierten Mitarbeitenden gebucht.

Was ist deiner Meinung nach heute besser als noch vor 20 Jahren?Hatte die Digitalisierung auch positive Effekte?

Ein Vorteil ist die Vielzahl an verfügbaren Kanälen. Noch vor 20 Jahren hing alles an den Journalisten. Heute ist auch Owned Media ein großes Thema in der Branche. Diese Kanäle sollten in den verschiedensten Kampagnen immer flankierend eingesetzt werden, um die Adressaten auf mehreren Wegen zu erreichen. Dadurch hat sich das Spektrum der PR-Arbeit erweitert, wodurch die Anforderungen an Kommunikatoren noch mal deutlich gewachsen sind.

Außerdem erleben wir derzeit ein Revival der PR-Agenturen. Viele Unternehmen, die bisher vor allem auf kurzfristige Marketing-Effekte gesetzt haben, stellen jetzt fest, dass solche kurzfristigen Kommunikationserfolge für den langfristigen Unternehmenserfolg nicht ausreichend sind. Es braucht eine größere inhaltliche Tiefe und die liefern PR-Agenturen.

Diese Entwicklung hat auch zu einer Veränderung der Rolle des CEO geführt. Er/Sie muss das Unternehmen auf den digitalen Kanälen repräsentieren und der Firma dort sowoh leine Persönlichkeit als auch ein Gesicht geben. Im Zuge dessen haben sich nicht nur die Anforderungen an CEOs, sondern auch an deren PR-Berater und -Beraterinnen verändert. Diese Möglichkeit, mehr Persönlichkeit zu zeigen, ist in meinen Augen eine sehr positive Entwicklung im Rahmen der Digitalisierung.

Marketing und PR wachsen derzeit immer mehr zusammen. Auch PR-Agenturen oder Inhouse-PR-Abteilungen bieten die beiden Dienstleistungen zunehmend parallel an. Was hältst du von diesem Trend?

Grundsätzlich halte ich diese Entwicklung für einen guten Ansatz, da sich beide Bereiche sehr gut ergänzen können. Mercedes-Benz hat es erst kürzlich vorgemacht: Hier ist der Kommunikationsbereich nun ein Teil des Marketings.

Dennoch müssen sich die Disziplinen in gewissen Punkten differenzieren. Denn auch weiterhin kann Kommunikation nur dann gut funktionieren, wenn sich jeder auf die eigenen Kernkompetenzen konzentriert. Die liegen beispielsweise bei der PR eindeutig im Bereich von Strategie und Content Ausspielung, im Bereich von Text, Corporate Publishing und der Ansprache von Medien und Multiplikatoren.

Marketing und Werbung sind da deutlich kurzatmiger und auf das schnelle Ergebnisoder den schnellen Effekt ausgerichtet. Diese Unterschiede muss man sehen, verstehen und anerkennen.

Wenn ein Unternehmen es versteht, Synergien zwischen Marketing und PR zu erzeugen, kann eine solcheVerschmelzung sehr wertvoll und erfolgversprechend sein.

Welche Fähigkeiten müssen eine PR-Managerin oder ein PR-Manager mitbringen, um erfolgreich zu sein?

Sich nie mit dem aktuellen Status zufrieden zu geben, sondern sich immer weiterzubilden, ist eine Fähigkeit, die meiner Meinung nach jede/jeder PR-Schaffende mitbringen sollte.

Stetige Lernbereitschaft ist heute noch wichtiger als vor 20 Jahren. Außerdem ist Neugierde eine tolle Eigenschaft. Man muss offen sein für neue Themen, offen dafür sein, sich in die Themen des Kunden tiefer einzuarbeiten und sich neue Expertise anzueignen.

Zusätzlich sollten sich junge PR-Manager/innen langsam von der Rolle des Dienstleisters hinzu der des Beraters entwickeln, also ihrem Kunden zu oder auch gegen etwas raten. Dafür ist inhaltliche Tiefe und mediale Kompetenz nötig, um zu wissen, welche Reaktionen verschiedene Inhalte in der Öffentlichkeit hervorrufen können.

Welche Kampagne ist die beste, die du je gesehen hast oder dir sehr lange in Erinnerung geblieben ist?

Eine Kampagne, die ich unfassbar clever finde, die jedoch im deutschen Markt kaum präsent ist, ist die des Tampon-Buchs. Im Rahmen der Kampagne von Scholz&Friends Berlin für The FemaleCompany wurden Tampons in einem Buch verkauft, um diese mit dem reduzierten Steuersatz von 7 Prozent statt dem für Damenhygieneartikel üblichen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent verkaufen zu können. So konnte darauf aufmerksam gemacht werden, dass Hygieneartikel, die immerhin die Hälfte der Bevölkerung regelmäßig benötigt, viel zu hoch besteuert werden. Dadurch ist eine sehr intelligente Kampagnenmechanik entstanden, die große Auswirkungen in der Gesellschaft hatte und eine enorme Reichweite erzeugte. Dieser PR-Stunt hat zudem den Grand Prix 2019 in Cannes gewonnen.

Thomas Dillmann

Chefredakteur PR-Journal

Thomas Dillmann ist Chefredakteur der Branchenplattform „PR-Journal“. Seit 2014 berichtet er dort tagesaktuell über Neuigkeiten und Entwicklungen in der PR- und Kommunikationsbranche. Zuvor war er auf Unternehmens- und Agenturseite als Pressesprecher und PR-Berater tätig.
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